Einer für Alle - Alle für Einen
Mariia Kulabukhova | Linus Kohn
Was auf den ersten Blick unvereinbar scheint, gehört seinem Wesen nach doch zusammen: Wirtschaft und Gewerbe bei Stoffkreisläufen und Energieverteilung. So können gewerbliche und landwirtschaftliche Produktionsgebiete ein Bild einer lebenswerten und produktiven Stadtlandschaft der Zukunft erzeugen, die als lokaler Nahversorger dient.
Produktionsgebiete haben einen großen Flächenverbrauch und liegen deshalb meist am Rand der dicht besiedelten Stadt.
Entlang der Stuttgarter Straße, im Westen der Stadt Fellbach, liegen intensiv genutzte Landwirtschaftsflächen sowie das größte Gewerbegebiet der Stadt. Das bestehende Gewerbegebiet gleicht denen vielerorts: Wenig Grünflächen und eine hohe Versiegelung, kaum Aufenthaltsqualitäten und eine geringe bauliche Dichte. Ressourcen wie Wasser, Energie oder Wärme werden selten in Kreisläufen geführt und Flächen werden kaum gemischt genutzt. Eine zukunftsorientierte Bestandsentwicklung stellt damit eine enorme Herausforderung, aber auch ein großes Potential dar. Auch das Fellbacher IBA’27-Projekt setzt hier an und will beispielhaft Lösungen aufzeigen, wie sich bestehende Gewerbegebiete in nachhaltige, produktive und zugleich multifunktionale Standorte entwickeln lassen.
Mit unserem Entwurf untersuchen wir, wie bestehende Strukturen klimaverbessernd angepasst werden können, wie ressourcenschonend und flächensparend zusätzlicher Raum für Aufenthalt geschaffen werden kann und welche Synergien eine funktionale Mischung von Landwirtschaft und Gewerbe bietet, die die Erzeugung heimischer Produkte vor Ort erlebbar macht. Wir schlagen vor, eine derzeit ungenutzte Bestandshalle an der Stuttgarter Straße, direkt am Ortseingang und genau an der Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Industriegebiet, in einen Hybrid von Rechenzentrum, Markthalle und Produktion von Trockenfrüchten umzunutzen und so aus einer Abgrenzung ein Zusammenspiel zu machen. Während die Leistung der Rechner den ansässigen Industrien zur Verfügung steht, wird die entstehende Abwärme für die Produktion zur Trocknung von Obst genutzt (Für diesen Prozess ist keine weitere Aufheizung der Abluft nötig). In den kälteren Jahreszeiten, wenn die Ernte aussetzt und die Kapazitäten der Produktion nicht völlig ausgeschöpft werden, also ein Plus an ungenutzter Abwärme der Server entsteht, werden die umliegenden Gewächshäuser mit Wärme versorgt. Wenn es dann wieder wärmer wird, die Produktion wieder ausgelastet ist und die Sonneneinstrahlung steigt, wird ein Teil der Energie für Rechenzentrum und Produktion durch PV-Anlagen auf den Gewächshäusern generiert. So entstehen Kreisläufe und Synergien, die jeden Bestandteil des Gebäudes und der Umgebung integrieren.