Auflösung der Masse
Niclas Fridtjof Schlötke | Benjamin Strauß
Die archytypologische Untersuchung des Cardoness Castle und der 860–880 Lake Shore Drive Apartments von Mies van der Rohe haben uns dazu bewegt, diese konträr anmutenden Wohnarchitekturen morphologisch zu verschmelzen. Das grundlegende Motiv dieser Symbiose wird durch die Auflösung der Masse gekennzeichnet, den Übergang einer massiven Aussenwand wie man sie im im Castle vorfindet, hin zu der aufgelösten Skelettstruktur des Apartmentkomplexes von Mies van der Rohe.
Der Prozess der Auflösung gestaltet sich über 26 Geschossetagen kontinuierlich. Somit gibt es keine Repetition sondern auf jedem einzelnen Level eine Variation des Grundrisses, welche unterschiedliche Wohngrundrisse und Nutzungstypen zulässt. Die Fläche wird sowohl als eine Einraumapartmentstruktur interpretiert die sich über 600 m2 auf der Etage erstreckt. Als auch als kleinteilige Kommunen-Struktur bei der nicht der große Raum für das Individuum reserviert ist, sondern der kompletten Wohngemeinschaft/ Kommune als Gemeinschaftsort dient. Die Außenwand wird als dienende Schicht benutzt. Hier finden neben Schlafkapseln auch, Duschen WCs und Ankleideräume ihren Platz.
Neben den beiden Erdgeschossen, nehmen auch die beiden Abschlussgeschosse ähnlich gegensätzliche Formen an. Im ersten Turm kommt es so im 26. Obergeschoss zu einem durch massive Strukturen rhythmisierten Dachgarten. Dieser wird mittels einer romantischen verwachsenden Bespielung zum entweltlichten Rückzugsort der Bewohner. Das Dach des entgegengesetzten Turmes ist entsprechend streng nach einer klaren puristischen Ordnung gestaltet.
Die darunter liegenden Geschosse sind in ihren Nutzungen in beiden Türmen gleich, jedoch in ihrer vertikalen Abfolge zueinander gespiegelt. Die Schnittstelle und gleichermaßen das verbindende Moment für die Bewohnerschaft, befindet sich in den Türmen jeweils auf der Verteilerebene. Hier wechselt die Erschließung von der jeweiligen zentralen Kerntreppe auf die Treppe in der Außenwand. Da hier die Geschossdecke entfällt, wird die Auflösung zwischen den zwei Ebenen räumlich spürbar und die architektonische Qualität des symbiotischen Experiments deutlich. Der Architekt tritt hinter die selbst auferlegten Regel zurück und lässt dadurch unerwartete Perspektiven entstehen, die in einem anderen rationaleren Entwurfsprozess nicht entstanden wären.