Hidden Interiors
Yuxuan Jiang | Theodoros Ventesanos
Jede Ecke in einem Haus, jeder Winkel in einem Raum, jeder Zentimeter abgelegener Raum, in dem wir uns gerne verstecken oder zurückziehen, ist für die Fantasie ein Symbol der Einsamkeit. Das sind die Worte des französischen Philosophen Gaston Bachelard in seinem Buch Poetik des Raumes. Er widmet ein ganzes Kapitel dem oft übersehenen Element des architektonischen Raumes, der Ecke. Etwas so wichtig für die Definition und die Atmosphäre des Raumes aber oft unberücksichtigt. Wie definiert man Ecken? Sind sie nur ein besonders ausgezeichneter Punkt der Grenzlinie eines Raumes oder können sie mehr leisten? Kann man neue Räume denken, wo Ecken nicht mehr das Gefühl der Unbeweglichkeit erzeugen? Was passiert mit dem Raum, wenn die Ecken nicht senkrecht zueinanderstehen?
Solche Fragen sind der Ausgangspunkt unseres Entwurfes. Die Entwurfsidee entstand durch die Analyse der vorhandenen Struktur. Es war uns wichtig, das meiste der alten Struktur zuerhalten, die dem Gebäude seinen Charme verleiht. Die abgestufte Form des Gebäudes schafft drei Knotenpunkte, an denen die einfache Geometrie des Raums in komplexere Geometrien übergeht. Also haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, mehr solcher Räume zu schaffen. Die Idee war, eine neue, um 45 Grad gedrehte Struktur auf die alte zu setzen und Räume zu schaffen, in denen die beiden Strukturen nebeneinander existieren. Diese Koexistenz würde neue interessante Räume schaffen und gleichzeitig die alte Struktur respektieren. Um die beiden Systeme voneinander unterscheiden zu können, spielt die Materialität eine große Rolle. Die neue Struktur wird aus Holz gefertigt und steht im Kontrast zum bestehenden Beton.
Die Form und Größe der Räume wurden durch den Zwischenraum den beiden Strukturendefiniert. Jeder Raum wird zu einer eigenen Welt, die mit dem gesamten Gebäude durch einen großen offenen Flur/Gemeinschaftsbereich verbunden ist. Die Grenze zwischen dem Flur und den Gemeinschaftsräumen löst sich auf, sodass der Eindruck eines durchfließenden Raumes entsteht. Das ganze Haus vermittelt das Gefühl eines Organismus, in dem alles ein Teil des anderen ist. Die Wand des einen Zimmer ist die Küche des anderen, der Schrank des einen ist der Schreibtisch des anderen. Durch die neue Gestaltung werden die Besucher dazu gefordert,am gemeinsamen Leben teilzunehmen, aber dennoch ihren eigenen Rückzugsort zu haben.