bürgerinnenhof
ein Industriedenkmal für die Nachbarschaft
Masterarbeit SS 2022 | Julius Stark
Während viele Großstädte mit Wohnraummangel zu kämpfen haben, sorgen die Überalterung der Gesellschaft und eine Verkleinerung der Haushalte gerade in locker bebauten Wohngegenden, wie dem Fuldaer Stadtteil Horas, häufig für eine abnehmende Bevölkerungsdichte. Der villenbebaute Klosterberg wird dort zudem durch eine stark befahrene Straße von der talseitigen Mehrfamilienwohnbebauung getrennt, was in Kombination über die Jahrzehnte zu einem sukzessiven Abbau gemeinschaftlicher Gefüge geführt hat.
In den denkmalgeschützten Gebäuden der einstigen Rhönmöbelwerke soll der bürgerinnenhof zur Regeneration nachbarschaftlicher Strukturen entstehen. Da große Teile der Anlage bereits zugunsten eines raumgreifenden Discounters rückgebaut wurden, wird zunächst mittels Rahmenplanung ein Vorschlag zur Korrektur dieser Fehlentwicklung im Quartiersmaßstab unterbreitet.
Die konkrete Ansiedlung unterschiedlicher Gewerbe-, Dienstleistungs- und Wohnflächen auf dem Entwurfsgrundstück, macht Angehörigen unterschiedlichster Alters- und Sozialgruppen gleichermaßen Angebote und fördert die Begegnung. Der bürgerinnenhof wird zu einem sozialen Nukleus.
Die Gestaltung vieler Wohneinheiten ist besonders auch für ältere Menschen attraktiv, deren Häuser für den Lebensabschnitt zu groß geworden sind. Unterschiedliche Wohnungsgrößen und Gemeinschaftsflächen wie Wohnzimmer, Werkstatt oder Dachterrasse ermöglichen vielgestaltige Interaktions- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Gleichzeitig ziehen darüber hinausgehende Angebote wie Gewerbe- und Praxisflächen oder Seminarräumlichkeiten zusätzliche Gäste in das Quartier. Der Betrieb einer offenen Kantine ist darstellbar, nicht zuletzt durch die Ansiedelung eines Kindergartens. In der Minifabrik als öffentlicher Spielwelt für Kinder werden verschiedene Transportsysteme der ursprünglichen Manufaktur thematisch verarbeitet.
Der nur leicht veränderte Bestand wird an der Westfassade zu einem intakten Gebäude ergänzt, welches die eigentümlichen Formen und Höhen der Fassadenabschnitte sinnfällig zusammenführt. Der Neubau in Holzskelettbauweise bildet sowohl strukturell als auch programmatisch das Rückgrat des Bestands. So entsteht schließlich eine architektonische Chronologie der Rhönmöbelwerke - die einstigen Produktionshallen verbunden durch die gestützte Fassade mit einer zukunftsfähig interpretierten Weiterentwicklung.