GRENZEN / los

Masterarbeit SoSe 2019 | Felix Berger

Das Zulassen von grenzenlosem Wachstum der Städte kam besonders in Form einer erweiterbaren Rasterstruktur zum Tragen. So wurden im 19. Jahrhundert viele Metropolen durch eine kapitalistische Stadtentwicklung neugestaltet und erweitert, alles auf Grundlage einer neuen Idee von Stadt als multipolitische Infrastruktur. In einer Zeit der grenzenlosen Möglichkeiten, in denen die Globalisierung und der extreme Stadtwunsch eine flächendeckende Urbanisierung nach sich zieht, verschwimmen die ehemals existierenden Grenzen zunehmend. Die sozio-kulturellen und baulichen Eigenschaften der Stadt und die darin habitierende Gesellschaft entwickeln sich immer mehr zu einer monotonen, totalitären Struktur.

Die Untersuchung der Stadt Stuttgart erweist sich dabei als potentiell reizvoll. Eine Stadt, welche durch ihre topographischen Gegebenheiten in natürlicherweise eingehegt ist, ordnet ihre Entwicklung und ihr Wachstum über die Natur, das Vehikel gewinnt höchste Priorität gegenüber der Bevölkerung und der Stadtqualität. Bedarf es daher in unserer heutigen Zeit einer progressiven Renaissance des epochalen Modells der Moderne, welche die Architektur und Stadt wieder als Einheit betrachtet? Sollte die Komplexität der Stadt nicht wieder entworren und mit einer einfachen Architektur identifiziert und somit auch definiert werden? Ist also den flächendeckenden Urbanisierungsprozessen nur mit einer „Architektur der Stadt“ zu begegnen, die ein maßloses Ausufern an Urbanisierung klar begrenzt, die Limits betont und Grenzen aufzeigt, anstatt Weichbilder zu verstärken? 

Die städtebaulich-historische Betrachtung Stuttgarts gewährt Aufschluss. Der mittelalterlichen Außenlinie also, die den Bezirk der Stadt umschreibt und ihn vom Land trennt, kommt dort eine besondere Bedeutung zu, und die Verteidigungsanlagen, mit denen sie befestigt wird, werden durch diese komplexere Funktion noch stärker hervorgehoben: Stadtmauern, Türme und Tore bilden einen von weitem sichtbaren Wall, doch zugleich bedingen sie die Verkürzung des Blickfeldes, die Verdichtung der Landschaft und die Beschleunigung der Bewegungen als typische Erfahrungen des Stadtlebens. 

„Die Stadt innerhalb ihrer Mauern ist die Kultur, der Hort aller Werte. [...] Außerhalb der Stadt, vor ihren Toren, eröffnet sich die Nicht-Stadt, das Land, und die Anti-Stadt, die Wüste des Waldes“                                                                                Jacques Le Goff

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