Kulturpost
freier Entwurf WS 2020 | Jonas Günter, Franziska Spieß
Bei dem Entwurfsareal handelt es sich um das bisherige Gelände der Paketpost in Reutlingen. In direkter Nähe zum Hauptbahnhof und zur Altstadt gelegen, wird es im Süd-Osten durch die Bahnstrecke Tübingen-Stuttgart begrenzt und im Westen durch die Echaz, welche in diesem Bereich jedoch als tiefer gelegter Kanal verläuft. Durch den Umzug der Paketpost in ein Industriegebiet am Stadtrand, wurde der Weg frei, für eine neue Nutzung des ehemaligen Postgebäudes, sowie für eine neue Beplanung des Gebiets. Die zentrale Lage des Areals macht es für alle Interessen- und Nutzergruppen Reutlingens attraktiv. Besonders laut wird allerdings seit langem die Forderung Kulturschaffender nach Arbeitsräumen in der Stadt. Daher entstand die Idee eine Schnittstelle zwischen all diesen Gruppen zu schaffen. Dabei werden Arbeitsflächen, sowohl für einzelne Kulturschaffende als auch für interessierte Bürger.innen, mit frei zugänglichen Aufenthaltsflächen, Gastronomie und Räumlichkeiten für Veranstaltungen verschiedenster Art kombiniert.
Es entsteht ein Begegnungs- und Kommunikationsraum für alle Interessierten in Form der neuen ‚Kulturpost‘. Diese setzt die ‚Kulturmeile‘, gebildet aus der Stadtbibliothek, dem Theater „die Tonne“, der Stadthalle, dem Kunstmuseum „Wandelhallen“ und den dazwischenliegenden Freiräumen entlang der Echaz fort. Die Kulturpost soll keine Konkurrenz zu dem bisher schon auf dem Gelände gelegenen Kulturzentrum Franz K. bilden, weshalb die bisherigen Strukturen des Franz K. integriert werden und das vorhandene Raumangebot in die Kulturpost verlagert und dort erweitert. Gleichzeitig wird eine schon bestehende Organisationsstruktur und Nutzergruppe übernommen. Neben der Erhaltung und Umnutzung des charakterstarken Paketpostgebäudes, bietet das Areal ausreichend Platz für eine neue Misch- bzw. Wohnbebauung. Der gro.zügige Freiraum vor der Kulturpost wird durch den ersten Entwurf einer Kubatur für diese mögliche Nutzung gefasst. Es entsteht ein neuer, grüner Aufenthaltsbereich unter Erhaltung der Betsandsbäume, eine Zugänglichkeit der bisher kaum sichtbaren Echaz und eine große Freifläche für verschiedenste Nutzungen. Das Hauptaugenmerk des Entwurfs liegt auf der Erhaltung und Inszenierung des markanten Bestandsgebäudes. Von außen betrachtet wird die Kubatur durch eine homogene Aufstockung fortgesetzt, welche sich gegenüber dem Bestand jedoch durch die Wahl der Materialien, sowie eine Schattenfuge absetzt. Die Verwendung transluzenter, und leichter Materialien steht im Kontrast zur massiven Bauweise des Bestands. Es entsteht ein einheitliches Außenbild der Aufstockung, welches je nach Belichtung schemenhafte Einblicke in das Geschehen im Innern gewährt und somit die Aufmerksamkeit und das Interesse der Passanten auf sich zieht. Im Inneren entsteht eine neutrale, eher introvertierte Arbeitsatmosphäre, wodurch zusammen mit einer gleichmäßigen, natürlichen Belichtung eine optimale Grundlage für Atelier- und Arbeitsräume erreicht wird. Im Obergeschoss schafft die großflächige Verglasung mit den davor liegenden Terrassen in Richtung Platz und Gleise einen Bezug zum Außenraum.
Die im Erdgeschoss angesiedelte Veranstaltungshalle und Gastronomie kann sich auf den Platz öffnen und erweitern. Beide Zonen können flexibel als Ausstellungsfläche oder Showroom genutzt werden. Getrennt werden die beiden Bereiche durch eine öffentliche Verbindung, die durch den ehemaligen Posttunnel auf die andere Seite der Gleise in die Altstadt führt. Alle Geschosse und ihre Nutzungen werden durch das zentrale Atrium verbunden, welches durch eine runde, skulpturale Treppe gerahmt wird. Daran angrenzend siedeln sich in allen Geschossen öffentliche Nutzungen an. Dieser Bereich steht sinnbildlich für die Schnittstelle zwischen ansässigen Kulturschaffenden und interessierten Bürgerinnen und Bürgern.