Flakturm Humboldthain
Berlins begehbarer Zeitzeuge | Ein Dokumentationsrundgang
freier Entwurf WS 2020 | Nickolas Kessmeyer, Jonathan Wittich
Der Flakturm Humboldthain ist ein Relikt aus dem zweiten Weltkrieg. Er ist einer von vier Flaktürmen, welche unter der Leitung von Albert Speer zur Verteidigung Berlings geplant und errichtet wurden. Zudem war es ein Schutzbunker für teils bis zu 15 000 Zivilisten gleichzeitig.
Der Solitär steht auf einer Anhöhe in einem Park mitten in Berlin und ist von Bäumen umgeben. Die Bewohner Berlins haben sich an den wuchtigen Betonkoloss gewöhnt und anstatt des Nationalsozialismus verbindet man mit ihm vor allem einen beliebten Sport- und Freizeitort. Die Geschichte ist kaum noch spürbar. Hier setzt unser Entwurfskonzept an: Anstatt den von Trümmern größtenteils verschütteten Flakturm vollständig auszugraben und offenzulegen, haben wir uns für einen klaren Einschnitt als Zugang in die Tiefen des 36 Meter hohen Flakturms entschieden. Somit lenken wir nicht nur die Aufmerksamkeit auf den geschichtlichen Kontext des Zeitzeugen, sondern erhalten den städtischen Erholungsort für die dort lebenden Bewohner Berlins. Da die Sprengung des Bunkers mit Absicht nur teilweise durchgeführt wurde, um die anliegenden Gleise nicht zu beschädigen, besteht das Erdgeschoss sowie der nordliche Teil des Flakturms noch zum größten Teil.
Durch die entstandene Situation des Bunkers, unterhalb des Trümmerbergs, ergibt sich für unser unterirdisches Ausstellungskonzept die Moglichkeit die sich unterhalb der drei Meter dicken Betonplatte befindeten Raume zu nutzen und die Ausstellung in Form eines Rundgangs vom Erdgeschoss beginnend bis zum Ausgang im 5.Obergeschoss zu leiten. Mit der Lage der beiden nördlichen Ecktürme hin zum Bahnhof Gesundbrunnen, ergibt sich am Ausgang ein idealer Balkon, mit Blick auf die Stadt Berlin, auf den man am Ende des Rundgangs gelangt. Um die verbliebenen begehbaren Stockwerke im Detail zu begreifen, ist es notwendig die Betonplatte als statische Decke zu sehen, die die Räume von den aufgeschütteten Trümmern schützt.
Mit einem gezielten Einschnitt durch den Trümmerberg und dem darin versunkenen Bunker wird eine Eingangssituation gesetzt die dem Besucher durch den abfallenden Weg und durch das immer schwächer werdende Licht ein Gefühl der Bedrückung vermittelt. Es entsteht ein Filter zwischen dem lauten und hektischen Berlin und dem stillen anmutenden Flakturm. Erst am Ende des Tunnels, unmittelbar vor der über 30 Meter hohen Bunkerwand wird sichtbar wie massiv und riesig der Flakturm tatsächlich ist. Mit dem Lichtschacht der von der Parkspitze bis zum Tunnel reicht wird Tageslicht nach unten gebracht, was zum einen der Belichtung des Eingangshofes dient und zum anderen Sichtbezüge von der Parkebene zum Erdgeschoss herstellt. Die zurückhaltende Gestaltung des Tunnels, sowie der folgenden gesamten Ausstellungsgestalung erlautert unsere Haltung zum belasteten Thema mit dem Nationalsozialismus. Wir mochten keine Designte Ausstellung in Form eines Museums schaffen was den Bunker in modernes Licht setzt, sondern durch gezielte punktuelle Eingriffe nur aufzeigen wie das Betonmassiv damals für Zivilisten gewirkt haben muss. Mit wenigen unauffälligen Materialien wie Beton und verrostetem Stahl bleibt das Veranderte im Hintergrund und der Bunkerbestand erhält die nötige Präsenz.